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Böll, Heinrich: Ansichten eines Clowns
HEINRICH BÖLL: ANSICHTEN EINES
CLOWNS (1963)
Zum Autor:
geboren 21.12.1917 in Köln gestorben 16.7.19g5 in
Bomheim-Merten
Generationserfahrungen von Krieg und Nachkrieg; gilt als ,,Zeitfigur
der Nachkriegsepoche”
andere bekannte Bücher: Irisches Tagebuch.. Die verlorene Ehre der
Katharina Blum, Brot der frühen Jahre, Gruppenbild mit Dame
Zum Inhalt:
Der Erzähler ist Hans Schnier. Er arbeitete 5 Jahre als Pantomime,
Unterhalter und Clown. Er ist der ältere ~veier Brüder, die Eltern
sind Protestanten Sie sind durch Aktien am rheinischen Braunkohlebergbau reich
geworden. Die Mutter schickte Ende 1945 Tochter Henriette als Flakhelferin in
den Krieg. Schnier haßt deswegen seine dominante Mutter. Mit 21 Jahren
verführt Hans die kurz vor dem Abitur stehende Marie Drkum. Da Marie streng
katholisch ist, kann sie nicht länger in Bonn bleiben und so gehen sie
gemeinsam nach Köln. Hans wendet sich auf diese Weise von seinen Eltern, ab
und nachdem die anfänglichen Schwierigkeiten überwunden sind, bekommt
Hans sehr gut bezahlte Auftritte. So ziehen sie von Stadt zu Stadt und verleben
eine glückliche Zeit, bis Marie eines Tages alte Bekannte des katholischen
Kreises wiedertrifft. Das ist schließlich auch ausschlaggebend dafür,
daß sie Hans verläßt um eine wirkliche, standesamtliche Ehe mit
dem Katholiken Züpfner einzugehen. Hans will das nicht verstehen, er
beginnt zu trinken. So sackt er beruflich immer mehr ab, und als er sich eine
Verletzung zuzieht muß er nach Bonn zurückkehren, wo er eine
geschenkte Wohnung besitzt. Von dort aus telephoniert er mit alten Freunden und
will sie um Geld bitten, jedoch rechnet er endgültig mit ihnen ab. Dann
bekommt er Besuch von seinem Vater, der ihn finanziell unterstützen will,
aber Forderungen stellt, die Hans nicht erfüllen kann und will. So endet
Hans, an der Gesellschaft gescheitert, singend und bettelnd auf der
Bahnhofstreppe.
Zum formalen Aufbau:
Der Roman weist wenig Strukturierung auf. Die 25 Kapitel spiegeln lediglich
die Erinnerungen und
Reflexionen Schniers in scheinbar wahlloser Ordnung. Böll
läßt das Buch am Ende beginnen und bringt
dann sehr viele Rückblenden ein. Bölls Sprache ist klar und
verständlich. Dadurch, daß der Roman in der
Ich-Form geschrieben ist, wird die Identifikation mit der Sicht des
Erzählers zwingend.
Zeithintergrund:
Das Buch spielt im Deutschland der 60er Jahre. Es ist die Zeit des
Wirtschaftswunders unter Adenauer. Der wirtschaftliche Aufschwung bringt vielen
Menschen Wohlstand und Reichtum. Wer sich jedoch in dieser neuen Gesellschaft
nicht orientieren kann, kommt unter die Räder.
Der Clown als Stellvertreter:
Böll verwendet den Clown, der abgefallen ist von Familie, Kirche und
Gesellschaft, als Erzähler und macht ihn damit zum Medium direkter Kritik
an diesen Institutionen. Der Clown ist der Narr, der einer scheinbar
wohlgeordneten Welt den Spiegel vorhält, in dem ihre eigene Verkehrtheit
und Narrheit offenkundig wird. Der Clown kann nicht vergessen was geschehen ist
Vergangenheitsbewältigung). Er kritisiert zum Beispiel sehr stark die
katholische Kirche. Er ist konfessionslos, ungläubig und kirchenfeindlich.
So spottet er über die Lehren der Kirche und ihre Vertreter.
Rezeption des Romans:
Obwohl er jede Kritik in dem Roman dem Clown Hans Schnier in den Mund legt,
wurden diese Äußerungen als BölIs Aufassungen ausgelegt. Man
warf ihm vor er sei zu zynisch und übe eine Kirchenkritik, die jede
Autorität untergrabe. Das war ungefähr der Inhalt eines Hirtenbriefes
der katholische Bischöfe an Böll. Trotzdem (oder gerade deswegen) fand
das Buch starken Anklang bei der Bevölkerung. Einige meinen, das Buch
wäre der Anlaß für spätere Studentenunruhen (1975) gewesen,
die sich vor allem gegen die als Versager und Profitjäger empfundene
Elterngeneration auflehnten. Sie sagten sich von ihren Erwerbsprinzipien und
Lebensformen (freiere Auffassung der Liebe und Kirchenfeindlichkeit)
los.
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